Edward Flanagan

Als vor mehr als 40 Jahren, im Schuljahr 1976/1977, die Schule unter der Leiterin Margot Höfling eröffnet wurden ist, brauchte man einen geeigneten Namen. Die damalige Schulleiterin machte sich viele Gedanken über die Namensgebung – sie wollte, dass ihre Schule den Namen einer besonderen Persönlichkeit erhält; einen Namen, den nicht jede dritte Schule im näheren oder weiteren Umkreis besitzt. Nach einigen Recherchen stieß sie auf Edward Flanagan, einen irischen Theologen, der sein Leben der pädagogischen Arbeit der Erziehung von auffälligen Jungens gewidmet hatte. Kurzer Hand wurde der Vorname eingedeutscht und die Schule nannte sich ab 1980 „Eduard Flanagan Schule“. Zum 40. Schuljubiläum wurde beim Schulträger der Antrag auf Namenskorrektur gestellt. Seit August 2017 trägt die Schule den Namen Edward-Flanagan-Schule. 


Edward Flanagan wurde 1886 als Sohn einer Farmerfamilie in Roscommon in Irland geboren. 1904 wanderte die Familie wegen der vorherrschenden Hungersnot in Irland in die USA aus. Edward Flanagan begann mit 19 Jahren ein Theologiestudium in Rom und wurde an der Jesuitenuniversität in Innsbruck zum Priester geweiht. 1912 übernahm er die Stelle eines Hilfspastors an der Saint Patrick´s Church in Omaha Nebraska. Sein Augenmerk richtete sich auf die soziale Benachteiligung der männlichen Jugend. So gründete er 1914 das „Workingmen´s Hotel“ für wohnsitzlose alleinstehende Männer. Mit dem Kauf eines viktorianischen Herrschaftshauses im Jahre 1917 begann Edward Flanagan seine pädagogische Arbeit mit fünf Jungen. Er legte damit den Grundstein für Wohneinrichtungen, die Kinder und Jugendlichen mit psychischen Problemen, Bandenzugehörigkeit und Drogenproblemen eine pädagogische Betreuung bot. Schon 1918 fand wegen des großen Zustroms ein Umzug in das erheblich größere „German-Amerikan-House“ statt. Die Zahl der Jungen, die zu betreuen waren, wuchs schlagartig auf 100. Mit dem Umzug begann Flanagan sein Projekt der Selbstversorgung. 

Fortan begleitete er die Jugendlichen auf der Umgestaltung ihres Lebensweges, übertrug ihnen Verantwortung und versuchte dadurch das Selbstvertrauen jedes Einzelnen zu stärken. Bereits 1921 kaufte er eine neue Farm, die er als Wohneinrichtung umgestaltete. Er schaffte es, dass sich über 200 Jugendliche hier sportlich oder musisch betätigten. Es wurden Band´s gegründet, deren Lieder sogar weit über die Staatsgrenzen hinaus bekannt wurden und es fanden regelmäßige Base- und Footballturniere statt. Die Farm vergrößerte sich und wurde zu einer „Jungenstadt“ mit dem Namen „Boys Town“. 1922 schaffte es „Boys Town“ als eigenständige politische Gemeinde anerkannt zu werden. Das Motto „Brüderlichkeit und Solidarität“ stand ganz hoch geschrieben; es gab ein selbstverwaltetes Stadtparlament und Bürgermeister war ein Jugendlicher. Mit dem Hollywoodfilm „Boys Town“ 1938 wurde die Jungenstadt auch über den Kontinent hinaus bekannt. Berühmte Schauspieler wie Spencer Tracy und Mickey Rooney besetzten die Hauptrollen. Nach dem zweiten Weltkrieg 1945 bereiste Edward Flanagan Asien und Europa und hielt überall Vorträge über sein pädagogisches Konzept. Es entstanden viele neue Einrichtungen auf der Grundlage seines Konzepts. Am 14. Mai 1948 stirbt Edward Flanagan in Berlin an einem Herzversagen. 

Heute gibt es in den USA über 100 Langzeitwohnheime, Not-Kurzzeitheime, Einrichtungen zum Elterntraining und Pflegeelternservice. „Boys Town“ ist ein modernes, differenziertes und entwickeltes Hilfsprogramm, das in 16 Städten und 11 Bundesstaaten der USA angeboten wird. Seit 1979 werden auch Mädchen aufgenommen. Zu den Hilfsangeboten gehören heute ca. 100 Langzeitwohneinrichtungen mit pädagogischer Betreuung, Forschungskrankenhäuser, ein Informations- und Ausbildungszentrum, Middle Schools und High Schools, Berufsbildungszentren, Notaufnahmeund Kurzzeitheime und andere Einrichtungen. In der Stammeinrichtung „Village of Boys Town“ leben heute ca. 500 Kinder und Jugendliche in 76 Wohngruppen. In Anbetracht der pädagogischen Leistungen von Edward Flanagan trägt die Edward Flanagan Schule in Babenhausen mit Stolz seinen Namen.